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Das Camp im Mittleren Schlossgarten wird von manchen Bürgern als „Schandfleck“ betrachtet, durch den die Stadt einen nachhaltigen Imageschaden erleide Andere halten es für eine öffentliche Manifestation derer, die sich ansonsten unsichtbar in die Büsche schlagen: der Obdachlosen. Wiederum andere erkennen darin einen notwendigen Vorposten des Bürgerprotests in postdemokratischen Zeiten.

Wir erkennen darin die einzigartige Chance, auf etwas aufmerksam zu machen, was ohne dieses Zeltlager vielleicht gar nicht mehr nachweisbar wäre: die Kraft, es in dieser Stadt auch dann noch auszuhalten, wenn alles verloren zu sein scheint.
Damit diese mutige Architektur nicht den klimatischen und politischen Witterungsverhältnissen zum Opfer fällt, möchten wir in Form einer kulissenartigen Schutzarchitektur dazu beitragen, die Lage zu entspannen. Die Elemente dieser Schutzarchitektur gehen zurück auf die Bauplanen, die während der Renovierung des Brandenburger Tores in Berlin vor dem Baugerüst hingen und auf denen dieses unschlagbare Symbol sowohl der deutschen Teilung wie auch der Wiedervereinigung in Originalgröße fotografisch abgebildet war. Einzelne Fragmente dieser nun rechteckig aufgespannten Planen fungieren seither als Versatzstücke von Interimsarchitekturen, die allesamt die Frage stellen: Was unterscheidet eine Scheinarchitektur von einer wirklichen Architektur? Die Stuttgarter Verhältnisse erlauben uns, diese Frage weiter zu präzisieren.
Das gehasste, das geliebte oder auch nur geduldete Camp ist ein architektonisches Provisorium, das einerseits pragmatischen Erfordernissen genügen musste, andererseits aber auch eine konkrete politische Botschaft enthält.

Die Bewohner dieses selbsterrichteten Lagers mögen aus verschiedenen Motiven hier zusammengefunden haben: es ist jedoch unübersehbar, dass sie einen Grund dafür haben, genau dort zu sein, wo bald ein gigantisches Loch sein soll.
Wir sprechen hier von einer Notbesiedlung, die sich auf einen wirklichen Fall von demokratischem Notstand berufen kann. Die Existenz dieses Camps beweist, dass irgendetwas anderes schief gelaufen ist. Dieses Andere kann nicht nur ein Kommunikationsproblem gewesen sein.

Unsere in Kooperation mit den Zeltbewohnern errichtete Umfriedung verfolgt einen doppelten Zweck: Sie soll die Zeltinsassen einerseits vor dem eisigem Wind wie auch vor den feindlichen Blicken mancher Parkbesucher schützen, andererseits aber auch dieselben Parkbesucher vor dem Anblick dieses „unheilvollen“ Stücks Anarchie.

Wir verstehen diese Intervention als einen Akt der Parkbefriedung und gleichzeitig als den möglichen Beginn einer ästhetische Offensive, deren Ziel es sein könnte, die städtebauliche Zukunft Stuttgarts nicht allein den Architekten und Stadtplanern zu überlassen, sondern auch jene Kräfte einzubinden, die bislang noch keinen stabilen Ort in dieser Gesellschaft gefunden haben und dies – aus welchen Gründen auch immer - vielleicht auch
gar nicht wollen.

Das Zeltlager bildet unserer Auffassung nach den städtebaulichen Gegenpol zu den offiziellen Planungen der Stadt. Gelingt es, diesen Ort genau so ernst zu nehmen wie das, was mit Stuttgart 21 gemeint ist, wäre gesellschaftlicher Fortschritt die natürliche Folge.
Die Parkbefriedung soll das Camp nicht aus der öffentlichen Wahrnehmung stanzen, sondern – im Gegenteil - die in ihm angelegten Qualitäten nach innen und nach außen hin fortsetzen. Anders als der Bauzaun sollte dieses in seiner Art einzigartige Basislager nicht ins Museum wandern, sondern nach allen Seiten hin großzügig fortgesetzt werden. Von möglichst vielen. Die neue Lust an der Bürgerbeteiligung hätte dann so etwas wie eine
erste Adresse.

Eine partizipative Installation konzipiert von AMB supported by SOUP